«Israel kann militärisch nicht gewinnen»

 

Ungeheuerlich! Der israelische Aggressor, der in versuchter militärischer Ausschaltung einer gewählten Regierung seine Staatskunst zeigt, die im brutalen Überfall auf den Nachbarn Libanon gipfelt, kennt kaum Vorbilder. Nicht um Verhältnismässigkeit geht es, sondern um Staatsterror und die Verhinderung einer nationalen palästinensischen Befreiung. Israel ist Siedlerstaat und Besatzungsmacht. Seine Staatsgründung, völkerrechtlich und durch Uno-Resolutionen verbrieft, basiert auf Vertreibung und Enteignung von hunderttausenden Palästinensern. Zu Unrecht wurde die Shoa zur Rechtfertigung, hatten doch die Palästinenser mit ihr nicht das Geringste zu tun.

Israel legitimiert seinen eskalierenden Staatsterrorismus mit der Gefangennahme eines seiner Soldaten und eines Siedlers durch palästinensische Freischärler. Bleiben wir bei den Ursachen: Jeder israelische Soldat ist Teil einer Besatzungsarmee, die völkerrechtswidrig agiert. Widerstand gegen die Besatzungsarmee ist Teil jedes nationalen Befreiungskampfes. Jüdische Siedlungen in den besetzten Gebieten verstossen ebenfalls gegen Völkerrecht. Die Entführungen sind ein willkommener Vorwand für die neuerliche Besetzung des Gazastreifens und den Sturz einer gewählten Regierung, um – wohl vergeblich erhofft – nur mehr mit Unterwürfigeren «verhandeln» zu müssen.

Mit dem Osloprozess anerkannte die PLO Israel in den Grenzen vor 1967, ein klares Zugeständnis. Israel hielt keine einzige Bedingung der Oslovereinbarung ein, verdoppelte vielmehr die Siedlerzahl. Im Jahr 2000 setzte Sharon Oslo endgültig ausser Kraft und erklärte «Grossisrael» zur einzigen Grundlage für einen Frieden. Die «Road Map» kam damit nie ernsthaft zum Tragen.

Wurde zuerst Arafat, letztlich legitimer Präsident der international anerkannten Autonomiebehörde der Palästinenser, als Terrorist zur Unperson erklärt, mit der nicht verhandelt werde, wird dies auf terroristische Weise nun gegenüber der gewählten Hamas-Regierung fortgesetzt. Die israelische Eskalation in den letzten Tagen würde die Völkergemeinschaft bei keinem anderen Staat tolerieren. Besorgnis auszudrücken und Verhältnismässigkeit anzumahnen verbreitet letztlich das Bild grundsätzlichen Verständnisses für das israelische Vorgehen. Die US-Präsidenten Clinton und Bush prägten den Begriff des «Schurkenstaats». Israel, die einzige (heimliche) Atommacht der Region, handelt als «Schurkenstaat» und ist demgemäss zu behandeln.

Die Uno-Vollversammlung ist aufgerufen, Israel in die Schranken zu weisen und unter Androhung von Massnahmen die Resolutionen 181, 242 und 338 innert Frist umzusetzen. Die Schweiz kann und muss in dieser Richtung tätig werden; sie verurteilte bereits mit klarer Sprache das israelische Vorgehen als völkerrechtswidrig. Militärische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Beziehungen sind von der Schweiz auszusetzen, bis Israel das Völkerrecht wieder einhält. In Gaza und der Westbank leiden die Menschen wegen Israels eskaliertem Staatsterrorismus unbeschreibliche Not. Es mangelt am Nötigsten! Die Schweiz muss alles in ihrer Kraft Stehende unternehmen, um diese Not zu lindern.

Israel glaubt, die Palästinafrage durch Staatsterror, humanitäre Aushungerung und tägliche Demütigung zu erreichen. Das wird nicht gelingen. Denn es wissen alle, die es wissen müssen: Ohne die Berücksichtigung der Eckwerte Palästina in den Grenzen vor 1967, Ostjerusalem als Hauptstadt und Rückkehrrechtsanerkennung gibt es keinen Frieden. Israel kann den Krieg militärisch nicht gewinnen!


Michael Hanel ist der Vizepräsident der Gesellschaft Schweiz-Islamische Welt

 

Veröffentlicht am 25.Juli 2006 im Landbote, Kategorie Ausland www.landbote.ch